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Gewinde in 3D-Druckteile

Das Verbinden von 3D-gedruckten Bauteilen ist eine grundlegende Anforderung für fast jedes komplexe Projekt. Während Kleben eine permanente Lösung darstellt, bieten Schraubverbindungen den Vorteil, dass sie stabil, lösbar und wiederverwendbar sind.

Dieser Leitfaden basiert auf den umfassenden Tests und Erkenntnissen aus dem Artikel von Made with Layers (Thomas Sanladerer) und bietet einen detaillierten Überblick über die besten Methoden, um Gewinde in Ihre Drucke zu integrieren.

Für die meisten Fälle ist das selbstformende Gewinde die beste kostenlose Option. Für maximale Haltbarkeit und wiederholte Nutzung sind Schmelzeinsätze (Heat-Set Inserts) ideal.

Jede Methode wird nach drei Kriterien bewertet:

  • Einfachheit (Ease of use): Wie einfach ist die Methode im CAD-Design und in der praktischen Anwendung?
  • Stärke (Strength): Wie hoch ist die Auszugskraft und die generelle Belastbarkeit der Verbindung?
  • Haltbarkeit (Durability): Wie oft kann die Schraube angezogen und gelöst werden, bevor das Gewinde verschleißt oder versagt?

Diese Techniken nutzen ausschließlich das gedruckte Kunststoffmaterial.

1. Das selbstformende Gewinde (“Tri-Lobe Hole”)

Abschnitt betitelt „1. Das selbstformende Gewinde (“Tri-Lobe Hole”)“

Dies ist die am meisten empfohlene Methode für Verbindungen, die keine extremen Lasten aushalten oder ständig gelöst werden müssen. Statt eines einfachen runden Lochs wird eine spezielle Geometrie mit drei leichten Vertiefungen (Loben) gedruckt.

  • Funktionsweise: Die Maschinenschraube schneidet sich ihr Gewinde nicht in ein zu enges Loch, sondern verformt das Material an drei Kontaktpunkten. Das verdrängte Material kann in die Vertiefungen ausweichen. Dies reduziert die Spannung im Bauteil, verhindert das Aufspalten der Layer und erzeugt eine überraschend starke Verbindung.
  • Vorteile:
    • Keine zusätzlichen Kosten für Hardware.
    • Kein zusätzliches Werkzeug (Gewindeschneider, Lötkolben) nötig.
    • Sehr zuverlässig und einfach zu drucken.
    • Sehr gute Festigkeit für die meisten Anwendungen.
  • Nachteile:
    • Etwas aufwändiger im CAD-Design (am besten über eine boolesche Subtraktion mit einem “Cutter”-Körper).
  • Bewertung:
    • Einfachheit: ★★★★☆
    • Stärke: ★★★★☆
    • Haltbarkeit: ★★★☆☆
  • Nachteile:
    • Erfordert extrem genaue Drucktoleranzen.
    • Loch zu groß: Das Gewinde hält nicht und überdreht sofort.
    • Loch zu klein: Die Schraube erzeugt enorme Spannungen und führt oft zum Aufspalten der Layer.
  • Bewertung:
    • Einfachheit: ★★☆☆☆
    • Stärke: ★★☆☆☆
    • Haltbarkeit: ★★☆☆☆

Das Gewinde wird direkt im CAD-Programm modelliert und mitgedruckt.

  • Nachteile: Funktioniert bei FDM-Druckern nur bei großen Gewinden (ab M6 aufwärts) zuverlässig. Kleinere Gewinde sind zu fein und werden ungenau.
  • Bewertung (für FDM < M6):
    • Einfachheit: ★★★☆☆
    • Stärke: ★☆☆☆☆
    • Haltbarkeit: ★☆☆☆☆

In ein gedrucktes Kernloch wird mit einem Gewindeschneider manuell ein Gewinde geschnitten.

  • Vorteile: Erzeugt ein sehr genaues und sauberes Gewinde.
  • Nachteile: Benötigt Spezialwerkzeug und ist zeitaufwändig.
  • Bewertung:
    • Einfachheit: ★★★☆☆
    • Stärke: ★★★★☆
    • Haltbarkeit: ★★★☆☆

Diese Methoden sind ideal für hochbelastbare und langlebige Verbindungen.

Der Goldstandard für professionelle und robuste Verbindungen. Ein gerändelter Messingeinsatz wird mit einem Lötkolben in ein passendes Loch eingeschmolzen.

  • Vorteile: Sehr hohe Festigkeit und Haltbarkeit, ideal für Verbindungen, die oft gelöst werden.
  • Nachteile: Benötigt einen Lötkolben und erfordert etwas Übung für gerade Ergebnisse.
  • Bewertung:
    • Einfachheit: ★★★☆☆
    • Stärke: ★★★★★
    • Haltbarkeit: ★★★★★

Eine Standardmutter wird in eine passend geformte Tasche im Bauteil eingelegt, oft während eines Druck-Pausen-Befehls.

  • Vorteile: Extrem günstig, sehr hohe Festigkeit und Haltbarkeit.
  • Nachteile: Die Tasche muss präzise designt werden; die Mutter kann herausfallen, wenn das Design offen ist.
  • Bewertung:
    • Einfachheit: ★★★★☆
    • Stärke: ★★★★☆
    • Haltbarkeit: ★★★★★

Diese Muttern aus dem Holzbau verhaken sich mit Krallen im Material.

  • Vorteile: Die absolut höchste Auszugsfestigkeit aller getesteten Methoden.
  • Nachteile: Erfordert Zugang zur Rückseite des Bauteils und ist relativ klobig.
  • Bewertung:
    • Einfachheit: ★★☆☆☆
    • Stärke: ★★★★★+
    • Haltbarkeit: ★★★★★

MethodeEinfachheitStärkeHaltbarkeitIdeal für…
Selbstformendes Gewinde★★★★☆★★★★☆★★★☆☆Alltagsanwendungen, Gehäuse, einmalige oder seltene Verschraubungen.
Schraube in Loch★★☆☆☆★★☆☆☆★★☆☆☆Prototypen, wenn nichts anderes geht (nicht empfohlen).
Gewindeschneiden★★★☆☆★★★★☆★★★☆☆Präzise Gewinde, wenn das Werkzeug vorhanden ist.
Gedrucktes Gewinde★★★☆☆★☆☆☆☆★☆☆☆☆Nur für große Gewinde (>M6) oder im Resin-Druck.
Schmelzeinsätze (Heat-Set)★★★☆☆★★★★★★★★★★Hochbelastete Teile, die oft demontiert werden müssen.
Eingebettete Muttern★★★★☆★★★★☆★★★★★Kostengünstige, sehr haltbare Verbindungen (z.B. bei Druckerteilen).
Einschlagmuttern (T-Nuts)★★☆☆☆★★★★★+★★★★★Maximale Zugbelastung, wo die Rückseite zugänglich ist.
  • Für die meisten Projekte ist das selbstformende Gewinde die beste, weil kostenlose und dennoch sehr zuverlässige Lösung.
  • Wenn eine Verbindung oft gelöst werden muss oder höheren Belastungen standhalten soll, sind Schmelzeinsätze (Heat-Set Inserts) die professionellste und robusteste Wahl.
  • Für maximale Stärke bei geringen Kosten sind eingebettete Vierkantmuttern eine exzellente Alternative.